Seit 2016 tobt im Nordwesten von Kamerun ein gewaltvoller Konflikt

Kamerun ist sprachlich in zwei Teile unterteilt: einen anglophonen und einen frankophonen Teil. Die Mehrheit der Bevölkerung spricht Französisch, ebenso wie der amtierende Präsident des Landes, Paul Biya. Kamerun wird nicht nur durch die gesprochene Sprache im Land getrennt, sondern auch durch separate Bildungs- und Rechtssysteme aufgrund der kolonialen Geschichte.

Kamerun war bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs eine deutsche Kolonie. Danach wurde das Land zwischen England und Frankreich aufgeteilt. Der Teil neben Nigeria wurde zu englischen Kolonien, während der Rest Teil der französischen Kolonie wurde. Im Jahr 1961 wurde das "Southern Cameroons", wie die englischsparachige Region während der Kolonialisierung bekannt war, Teil der neu unabhängigen Republik Kamerun (ehemalige französische Kolonie). Bis 1971, als die neue Verfassung Kamerun als Einheitsstaat erklärte, war das Land föderal organisiert.

Nach Jahren des Friedens, aber auch vieler Versuche anglophoner Bürgerinnen in Kamerun, mehr Unabhängigkeit und föderale Organisation des Staates zu erreichen, führten anhaltende Unzufriedenheiten zu einem gewaltsamen Konflikt. Ende 2016 begannen anglophone Anwält*innen zu streiken, weil sie mit dem Gebrauch von Französisch in anglophonen Gerichten unzufrieden waren. Die ersten Streiks fanden im Oktober 2016 statt. Demonstrationen folgten am 8. November 2016 in Bamenda, der Hauptstadt des anglophonen Teils von Kamerun. Die Regierung zeigte von Anfang an eine eher negative Haltung zu diesen Protesten, indem sie mit einer strengen und gewaltsamen Reaktion des Militärs auf die Demonstrationen reagierte.

Am 21. November 2016 schlossen sich Lehrer*innen den Anwält*innen auf der Straße an, um ihrem Unmut über die Zustände im anglophonen Bildungssystem Ausdruck zu verleihen. Die gewaltsamen Reaktionen der Regierung auf die Proteste deuteten darauf hin, dass die Regierung von Biya nicht bereit war, mit den Anliegen und Forderungen der Anglophonen in einen Dialog zu treten oder diese ernsthaft zu adressieren.

Die Forderung nach Unabhängigkeit der ehemaligen "Southern Cameroons" wurde immer stärker, während die Polizei und das Militär weiterhin mit großer Präsenz reagierten. Die Demonstrant*innen appellierten an die Regierung von Kamerun, für eine Gleichbehandlung der englischen Sprache im Bildungssystem sowie auf Verwaltungs- und Justizebene. So ist es in der Verfassung des Landes festgelegt.

Genaue Zahlen gibt es nicht, sondern eher eine Unterschätzung der Opfer. Mit einer Million Menschen, die bereits ihr Zuhause verlassen mussten, hat der Konflikt auch Einfluss auf die Bildung der jüngsten Opfer. Dokumentationen von Menschenrechtsverletzungen gibt es auf beiden Seiten des Konflikts. Es lässt sich jedoch sagen, dass die meisten Opfer auf Seiten der anglophonen Bevölkerung zu finden sind.

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